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Haus der Künste

Kunst und Kultur stehen hier im Zentrum: Das LAC Lugano ist ein Ort der Gemeinsamkeit und ein Treffpunkt der verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen. Genau an diesem Ort hat der Architekt Ivano Gianola einen skulpturalen Bau geschaffen, der sich zur Stadt hin öffnet, ein Ort der Begegnung ist und somit zum neuen pulsierenden Herz Luganos geworden ist.

Gekleidet in dunklen Marmor sticht das schwebende Volumen des LAC Lugano Arte e Cultura, prominent am Seeufer positioniert, sofort ins Auge und ordnet sich mit einer starken Geste in das Stadtbild ein. Entworfen wurde das ausdrucksstarke und markante Gebäude vom Tessiner Architekten Ivano Gianola, der 2001 den dafür ausgeschrieben Gestaltungswettbewerb für sich entscheiden konnte. Das Grossprojekt vereint seitdem eine städtische sowie eine kantonale Einrichtung und bietet mit seinem Gesamtvolumen von mehr als 180000 m3 ausreichend Platz für ein kulturelles Potpourri von Theateraufführungen über Konzerte bis hin zu Ausstellungen.

Verbindend
Doch nicht nur die unterschiedlichsten künstlerischen Ausdrucksformen finden hier zusammen, sondern zudem geht der Neubau mit seinem verglasten Foyer eine Verbindung mit der historischen Fassade des ehemaligen Luxushotels Palace ein. Diese drei überaus unterschiedlichen Bauelemente – das dunkelgrüne Volumen, der gläserne Anbau sowie der historische Bestand – begrenzen in ihrer Positionierung den Vorplatz des Kulturzentrums an der Uferstrasse. Eigenständig und divers in ihrer Erscheinung, bilden sie dennoch eine Einheit und nehmen in ihrer Mitte ein Café als gemeinschaftliche Begegnungszone auf – das vielleicht als bauliche Interpretation der Zusammenführung der einzelnen Kunstformen verstanden werden kann. Apropros Gemeinschaft: Die besondere Stärke des Projekts ist dessen fehlende Trennung zwischen dem öffentlichen Strassenraum und den Räumlichkeiten des Gebäudes. Hierfür wurde das Erdgeschoss der Öffentlichkeit gewidmet, dass ähnlich einer städtischen Strasse zum Ort für alle wurde. Im weiteren Sinne soll sich den Passant:innen nicht die Frage eröffnen: „Soll ich reingehen oder draussen bleiben?“, sondern vielmehr das Gefühl einer offenen Tür vermittelt werden.

Neue Wege gehen
Im privaten Teil des Projekts, der dem ehemaligen Albergo-Palast im Erdgeschoss entspricht, wurden verschiedene Durchgänge geschaffen, die es erlauben, in der Nähe der Kirche, im Kreuzgang des alten Klosters und auf dem zweiten Innenplatz einzutreten. Natürlich wird diese „Botschaft“ der Offenheit in der Struktur des Saals noch deutlicher: Wenn man die Schwelle überschreitet, kann man direkt in den dahinter liegenden Park gehen. Es gibt keine Türen, die Türen sind nur innen, um ins Museum oder ins Theater zu gelangen – ein innovatives Element. 

Volles Programm
Unter anderem nimmt das LAC Lugano das Museo d‘arte della Svizzera italiana auf, das sich aus dem Zusammenschluss des kantonalen Kunstmuseums und des Museums für moderne Kunst der Stadt Lugano gebildet hat. Auf über drei Etagen und einer Gesamtfläche von 2500 m2 steht in den beruhigenden Ausstellungsräumen das Kunstwerk immer im Rampenlicht. Während ein Stockwerk die Sammlung des Museums aufnimmt, beherbergen die restlichen 1820 m2 eine bunte Mischung temporärer Ausstellungen. Lautere Töne sind hingegen im 800 m2 grossen Theater- und Konzertsaal zu finden, wo eine mobile Akustikmuschel, eine Birnbaum-Auskleidung und ein versenkbarer Orchestergraben bis 1000 Zuhörern ein unvergessliches Erlebnis ermöglichen. Mit diesen Elementen ist es ein Leichtes, aus einem Konzertsaal einen Theatersaal zu machen und allen Formen von Vorführungen gerecht zu werden: vom Sinfoniekonzert zum Jazzkonzert, von der Oper zur Operette, vom Ballett zum Theaterstück. Dank der Zusammenarbeit zwischen Architekt Ivano Gianola und der Firma Müller-BBM in München verbindet der Theater- und Konzertsaal des LAC auf ideale Weise architektonische Ästhetik mit akustischer Qualität. Der Grundgedanke dahinter war, die Menschen zu begleiten, wenn sie „ins Theater gehen“, so als ob das Theater schon beginnen würden, bevor man den Saal physisch betritt. Das hat eine psychologische Bedeutung, ist aber auch akustisch wichtig: Man muss die Aussengeräusche von den Innengeräuschen trennen, indem man Schwellen schafft.

© Studio Pagi

Hinsichtlich der Akustik haben wir bei Jürgen Reinhold, dem Spezialisten für Raumakustik bei Müller-BBM nachgefragt der mit Gianola den Theatersaal geplant hat.  

Was bedeutet es eigentlich, einen multifunktionalen Saal akustisch zu gestalten?
Beim Beispiel des LAC gab es klar definierte Nutzungsschwerpunkte wie sinfonische Konzerte, Sprechtheater, Oper sowie Kongress- oder auch beschallte Veranstaltungen. Einen alle Nutzungen abdeckenden akustischen Kompromiss umzusetzen, wie es oft der Fall ist, wäre dieser Aufgabe absolut nicht gerecht geworden. Daher hat von Beginn an die sinfonische Nutzung das hierfür erforderliche grösste Volumen definiert. Eine grosse, die gesamte Bühnenöffnung aufnehmende und bis 11,0 m hohe Orchestermuschel schafft dafür den idealen Übergang und Abschluss zum Bühnenhaus. Mit integrierten grossflächigen Holzpaneelen in der Portalzone kann mit nur wenigen Handgriffen eine in der Grösse reduzierte Bühnenöffnung hergestellt werden – so wird der Saal in eine ideale Theater- und Opernbühne umgewandelt. Der Bühnenvorhang sowie Akustikrollos an den Seitenwänden schaffen zusätzliche variable Absorptionsflächen, die die Nachhallzeiten für die anderweitige Theaternutzung auf das gewünschte Mass reduzieren. So können im LAC für die unterschiedlichen Nutzungen mit einfachen Mitteln ganz individuelle, jeweils ideale akustische Verhältnisse geschaffen werden.

Wie wurden akustisch notwendige Massnahmen und das Design bzw. Ästhetik letztlich vereint?
Von Anbeginn hatten wir eine gute und sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Architekten Ivano Gianola. Bei der gemeinsamen Planung des Saals stand dabei die Schaffung einer erstklassigen Akustik im Vordergrund: So konnten zunächst die erforderlichen Formen, unter anderem die markante wellenförmige Decke, die strukturierten Seitenwände und die Zuschauerüberhöhung, akustisch definiert werden, um sie dann bereits frühestmöglich im architektonischen Konzept zu integrieren. Eine Vorgehensweise, die bei der Planung von Musikräumen sehr wichtig und somit ein fundamentaler Baustein ist, um ein erfolgreiches akustisches Ergebnis garantieren zu können.

Apropos erfolgreiche Akustik: Was zeichnet eine perfekte Akustik aus?
Diese Frage ist in letzter Konsequenz unmöglich zu beantworten – ähnlich zur Frage nach dem besten Konzertsaal der Welt. Denn wie oben erläutert benötigen unterschiedliche Nutzungen ganz unterschiedliche akustische Verhältnisse. So ist eine perfekte Sprachakustik wenig geeignet für sinfonische Musikdarbietungen und umgekehrt – die akustische Umgebung ist von unglaublich vielen, teils auch sehr kleinen Parametern geprägt. Zur bildlichen Darstellung verwende ich sehr gerne das Bild eines Mosaiks; nur wenn mehr als 95 Prozent der bunten Steinchen richtig orientiert und in der richtigen Position sind, ergibt sich ein wunderbares Gesamtkunstwerk. Aber um zur Frage zurückzukommen: Ein Saal, der lebendig ist, der antwortet, in dem man fühlt, dass der Klang getragen wird, und man spürt, wie man beim Publikum akustisch ankommt, das ist eine gute Akustik. Und dies gilt für Sprache in demselben Masse wie für Gesang oder die Musikinstrumente eines Orchesters.

Bleiben wir kurz beim Gesamtkunstwerk –  in diesem Projekt trifft Alt auf Neu. Haben auch Sie etwas von alten Gegebenheiten für den neuen Gebrauch lernen und übernehmen können?
Ein Schwerpunkt meiner täglichen Arbeit umfasst die Restaurierung historischer Theater. So hatte ich die Möglichkeit, bei einigen der bedeutendsten europäischen Opernhäuser – wie dem San Carlo in Neapel, das La Fenice in Venedig, dem Bolschoi in Moskau und aktuell der Scala in Mailand – die akustische Restaurierung zu verantworten.

Unter dem Aspekt war es sehr spannend, die sich über viele Jahrhunderte erstreckende Baugeschichte in den Nachbargebäuden zum LAC zu sehen und die ganz unterschiedlichen Bauaufgaben zu verfolgen. Natürlich versuche ich, akustisch bewährte Details in neuen Kulturbauten zu übernehmen: So wurde im Saal selbst eine reine Holzfussbodenkonstruktion realisiert, ein Aufbau, der in den historischen Theatern Standard war und den ich 2001 zum ersten Mal im La Fenice rekonstruiert habe. Seither habe ich dieses akustisch so wichtige Prinzip, welches den Orchesterklang auch über den Fussboden erlebbar macht, in allen Sälen – Neubau wie Restaurierung – umgesetzt. Es gilt stets, die Details in den fantastischen historischen Sälen genau zu studieren, modern zu interpretieren, um sie dann zu übertragen. So wie die markante horizontale Wandstruktur im oberen Seitenwandbereich des LAC, die eine den Schall streuende Oberflächenstruktur besitzt und diese Aufgabe von anderen Ornamenten, wie Putten und Strukturen in den historischen Sälen übernimmt.

Jürgen Reinhold ist einer der weltweit führenden Ingenieure im Bereich Akustik und Ingenieur bei Müller-BBM.

 

Mehr zum Lac Lugano und dessen Programm finden Sie hier.

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